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Matt DeCanio

Matt DeCanio nahm 1998 mit 19 Jahren das Angebot an, in Italien in einem U-23 Team zu fahren. Schnell kam er mit Doping in Berührung. Er versuchte zwar sauber zu bleiben, es gelang auch einige Zeit doch später zurück in den USA, griff er zu und durchlebte eine heftige Zeit.

 

2004, erst Mitte zwanzig, hat er sich gemeinsam mit einem Freund selbstständig gemacht und trainiert und unterstützt Fahrer, die entweder Berufsrennfahrer werden oder ihre Fahrerqualitäten ausbauen möchten.

 

Sechs Jahre lang war er Mitglied des U.S. National Teams und nahm dreimal an Weltmeisterschaften teil. Vier Jahre lang fuhr er als Profi in den Teams Prime Alliance, Saturn, und Linda McCartney. Seine Schwerpunkte waren Zeitfahren und Bergankünfte.

 

Im März 2005 wird er aufgrund seines Geständnisses EPO und Testosteron genommen zu haben, für zwei Jahre gesperrt, davon 7 Monate auf Bewährung.

 

Er tritt heute vehement für einen Radsport ohne Doping ein.

 

Seine Erfahrungen schildert er hier: How To Deal With The Problem of Doping

 



Wie geht man mit dem Doping-Problem um?

Mit Doping kam ich zum ersten Mal 1998 in Berührung, als ich zu G.S. FilatiAlessandra kam. Mit 19 Jahren erhielt ich von diesem Team das Angebot, nachdem ich als bester Amerikaner die ersten U23 Weltmeisterschaften in Lugano, Schweiz, beendet hatte. Im National-Team wussten wir von dem Problem, wir hatten auch bei der WM auf der Straße große Spritzen aufgemalt gesehen zusammen mit den Worten „Via EPO“ oder etwas auf Italienisch. Wir fanden das komisch, aber wir waren alle sauber in diesem ‚good old US Team’, das unter Leitung von Knickman stand. Der beste Mann, der je dem USA Cycling Team zu Hilfe kam. (...) Knickmann wurde zu unserem Helden und er lehrte uns, dass wir nicht immer clean gewinnen könnten, aber das Gewinnen doch so auch möglich ist.



Bella Italia

So ging ich zu dem U-23 Team in Italien und bereits in der ersten Nacht bemerkte ich viele Spritzen rund um dem Haus und viele IV’s (Intravenöse Injektionen) in den Armen. Schnell war mir klar, dass 90 Prozent meines Teams EPO und HGH benutze. Wenn du 19 bist, wollen sie noch nicht , dass du  Mittel nimmst, erst mit 20 wünschen sie, dass du dir Spritzen setzt. Für mich als 19jähriger Amerikaner, der noch nicht einmal die Sprache sprach und 2000 Meilen von zuhause weg war, war dies eine unangenehme Situation. Ich musste mich ziemlich zusammenreißen, um alle diese Mittel zu vermeiden. Der GM (General Manager) schrie uns bei den Rennen an, das Problem mit uns sei, dass wir nicht genug Mittel nähmen. Er sagte: „Die Typen von letztem Jahr nahmen HGH und sie landeten vorne, ihr braucht HGH!“ Ich gab vor kein Italienisch zu verstehen. Die Jungs brachen ein, und bis zum Ende des Rennwochenendes akzeptierten bald alle Fahrer die silbernen mit EPO gefüllten Gefrierbeutel. Ich bin sicher, dass einige, die das hier lesen, denken könnten, es wäre das Paradies gewesen. Freies EPO und HGH! Aber für mich war das die gelebte Hölle. Und wenn wir nicht gewannen, ging der Missbrauch weiter. Unser GM wollte unsere Rechnungen für das Teamrestaurant nicht rechtzeitig bezahlen und wies den Koch an, uns als letzte das Essen  zu bereiten. Wir konnten bis zu vier Stunden, manchmal noch länger, nach dem Rennen auf unser Essen warten. Der  Chef wachte darüber, dass wir als letzte an die Reihe kamen. Der Koch in unserer Unterkunft mußte viel Lärm machen, um uns damit am frühen Morgen zu wecken. Ich wurde niemals bezahlt und ich bekam ein Stahlrad während die anderen Fahrer Aluminiumräder hatten.  Ich knickte ein. Doch gleichzeitig war ich glücklich darüber Italien kennen lernen zu können, den schiefen Turm von Pisa und die Sehenswürdigkeiten von Florenz zu erkunden. Aber es war wirklich eine schlimme Zeit für mich.

 

Es gab Zeiten während denen ich nicht einmal auf den Trainingsfahrten mit meinen Teamkollegen mithalten konnte. Es war wirklich lustig. Im Februar-Trainingslager ließ ich sie alle hinter mir und einen Monat später, nachdem sie EPO angewandt hatten, ließen sie mich am Berg 5 Minuten hinter sich. Ich gab mein Bestes und  beendete manche Rennen unter den besten 15, aber das war das Höchste, was ich zustande brachte. Ich dachte, das es außergewöhnlich war,  dass von 120 gestarteten Fahrern  ich als sauberer Fahrer unter die ersten 15 kam. Erfolgreicher war ich im Nationalteam bei der Friedensfahrt oder längeren Etappenfahrten. Aus verschiedenen Gründen schienen die Mittel mehr Einfluss zu haben auf Eintagesrennen. Bei längeren Rennen konnte ich sie schlagen und so beendete ich als 28. die Friedensfahrt und war zweiter in der Kategorie  der Neuprofis. 

 

Aber immer wieder diese vielen Mittel, und dabei zu sehen, was sie bewirkten, das zeigte Wirkung. So sagte ich mir während einer Trainingsfahrt, entweder ich nehme etwas oder ich gehe zurück nach Amerika und höre mit dem Radfahren auf. Ich entschloss mich für den aufrechten Weg (...) und hörte mit dem Rennfahren auf.

 



zurück ans College, doch Europa lockt

Ich ging in die Staaten zurück und nahm einen Job an in Boone, NC. Ich arbeitete in einem Sommercamp und fuhr nur zum Spass Rad. Dann ging ich nach Florida, verkaufte Schmuck und hielt mich die meiste Zeit in Break-Dance-Clubs auf.  Ich dachte erst wieder daran Fahrrad zu fahren als ich mich 1998 an der Appalachian State University eingeschrieben hatte. Ich freundete mich mit einigen Fahrern des College-Teams an, verbrachte Zeit mit ihnen und ging mit ihnen Donnerstags essen. Es war das typische College-Radrennfahren, Radfahren machte Spass. Bald gehörte ich zum Team und gewann mein erstes Rennen. Ich  befand mich wieder auf der Überholspur, wurde 2. bei den nationalen College Meisterschaften und dann auch bei den nationalen U-23 Meisterschaften. Ich erhielt wieder einen Platz im Nationalteam mit Noel Dejonkheere. Das Programm war völlig neu und ich vermisste die alten guten Tage mit Knickman und das Leben in Deutschland. Belgien war hart und machte weniger Spass, aber ich arbeitete schwer. Noel hielt zu mir und nachdem ich als 17. die Zeitfahr-WM der U-23 beendet hatte, wurde ich vom Linda Mc Cartney Pro Team ausgewählt.   

 

So ging ich im Frühjahr 2000 nach Europa zurück. Ich war entschlossen in Europa sauber zu fahren. Ich fand, dass sich die Rennszene verändert hatte, denn das Doping war zum großen Geheimnis geworden aber es war immer noch da. Nur sprach niemand mehr darüber und es war wie „Drogen sind illegal und dies ist ein drogenfreies Team aber um Profi zu sein brauchst du welche, also mache was du zum Gewinnen brauchst.“ Lasst es mich so sagen – der Grund warum Pascal Richard den Giro verlassen musste , war kein Magenvirus, sondern weil er etwas intus hatte , womit er positiv getestet worden wäre.

 

Unser Team war die ganze Zeit sauer auf ihn, da er sein EPO in unserm Bus gelassen hat. Aber Pascal gehörte zur alten Schule und meinte, er hätte das Recht dazu, weil der Sport so hart sei. Manchmal weckte er mich nachts wegen seiner Bluttests. Er setzte sich Schüsse für alles, auch seinem Penis für 4stündige Erektionen. Drogen bestimmten ganz sicher sein Leben aber so war das in der Szene. Er lebte das Leben eines Rockstars und während des Giro’s schlief er mit 14 verschiedenen Frauen, er hatte eine Geliebte und eine Ehefrau. (...)

 

Der Radrennsport in Europa war eine verrückte Welt und es war hart. Manchmal nahm unser Team Zufallsblutproben nach dem Essen um sicher zu gehen, dass unser Blut nicht zu dick war. Wenn doch,  wurden 200ml abgenommen und in den Ausguss gekippt. Hinter den verschlossenen Türen ging es nicht strahlend zu, glaubt mir. Ich konnte ganz gut mithalten, beendete die Dänemark-Rundfahrt unter den Top 40. Ich errang kleine Erfolge, darüber war ich wirklich glücklich und ich war glücklich darüber clean zu fahren. Ich fand es nicht gut, nichts bezahlt zu bekommen, aber ich fand es gut, gegen die besten der Welt fahren zu können. Aber meine Ergebnisse  reichten nicht aus, um mir am Ende des Jahres einen neuen Vertrag zu sichern und so ging ich in die Staaten zurück.

 



ich bin sauber, hey ...

Einmal zurück ging ich zu Saturn. Unglücklicherweise war Saturn genauso schlecht wie meine europäischen Teams. Es war zwar wesentlich versteckter, doch die Anzeichen des Dopings waren während meiner Zeit bei Saturn vorhanden. Und alle Zweifel wurden hinfällig, nachdem ich vor einem wichtigen Zeitfahren mithalf IV (Intravenöse Injektionen) anzubringen. Yeah boys! So geht das, Doping in Amerika, fucking losers.  Ich blieb clean, egal wie, und beschloss bald zu meinem ehemaligen Lieblingsdirektor und dem Team zu wechseln, von dem ich dachte, es wäre das cleanste Team, dass ich finden könne – Prime Alliance.

 

Ich bin sicher Prime Alliance war weitgehend sauber. Zumindest nachdem zu urteilen, was ich sehen konnte. Ich glaube nicht, dass jeder es war, aber 95% von uns waren es sicher. Ganz sicher bin ich bei Danny Pate, Creed, Jonas, Svein Tuft und Candelario. Wir hielten als cleane Radgruppe eng zusammen und machten uns so oft wie möglich lustig über die Doper, auch  um uns selbst sauber zu halten. Wir waren auch super. Danny’s Höhepunkt war der Gewinn der WM, die er clean gewann ebenso wie danach Altoona und ich übernahm das Gelbe Trikot beim Kanadischen Gran Prix de Beauce als Gegner von Michael Rogers und dem Mapei Team. Ich verlor es allerdings wieder nachdem er mich im Zeitfahren geschlagen hatte (...).  Nachdem er gewonnen hatte, fuhr ich zu den Mapeis und schrie mit der ganzen Aggression, die ich im Laufe des Jahres angesammelt hatte durch das Gefühl betrogen worden zu sein: „HEY, ich fahre hier clean und was ist mit dir!“ Die Italiener maulten und stöhnten, sie wären saubere Fahrer aber ich glaubte ihnen kein Wort. Wenn ich bedenke, dass 90 Prozent meines U-23 Teams bis obenhin geladen waren – warum sollten sie damit aufhören, sobald sie Profis waren? Ich musste mich mit dem 2. Platz zufrieden geben aber es war gut, ich hatte noch mein Gelbes Trikot, das ich an die Wand hängen konnte.

 



Absturz und Neuanfang

Dann kam die Saison 2003. Eine Beziehung ging zu Ende und ich fing, an eine Menge Marijuana zu rauchen. Ich rutschte ab als Mensch und als Fahrer. Ich hatte mir gerade einen neuen CLK 430 Mercedes gekauft (...) und lebte das schnelle Leben von Los Angeles. Schließlich entschloss ich mich für die Drogen und wollte ein großer europäischer Rockstar werden. Ich entschloss mich EPO zusammen mit Testosteronpflaster zu nehmen. Doch ich war so von mir enttäuscht, dass ich bei den Housatonic Valley Classics aus dem Rundkurs ausstieg und auf keinen Etappen mehr kämpfte. Ich fuhr nur noch nach vorne um Clinger zu helfen, ich fühlte mich gut aber nicht so überragend wie ich gehofft hatte. Ich nahm an, dass ich nicht genug genommen hatte aber das war egal. Ich war ein Betrüger und ich konnte mich nicht mehr im Spiegel ansehen. Ich hatte eine Menge an mentaler Härte verloren. Nicht nur,  dass ich das Radrennenfahren nicht mehr sehr ernst nahm. Ich hasste es. Ich war das ganze Jahr über high, war  jede Nacht in Los Angeles lange unterwegs, fuhr mit anderen Porsches 140 m/h auf der 405. Ich befand mich außer Kontrolle. Der Teufel hatte mich, es war lächerlich. Schließlich hatte ich genug davon und konnte kein Rennen mehr beenden und wünschte nur noch meine Karriere wäre zu Ende.

 

Ich beendete die Saison so sauber wie  es mir möglich war und ging zu meinen Eltern zurück.

 

Hier begann ich mein Leben neu, ging zur Schule und begann mit Iturnpro.com. Ich hatte das Ziel Rennfahrer zu lehren, clean zu gewinnen. Ich glaube immer noch daran, dass es möglich ist, Radrennen sauber zu gewinnen, so wie es mir einmal gelang. Ich gewann ein NRC. Hatte das Gelbe in Altoona und hatte das Gelbe im UVI G.P. Beauce, völlig sauber. Ich möchte allen vermitteln, bleibt standhaft und fahrt sauber. Es schon zu viel Leid und zu viel Korruption in unserem Sport. Geld und Ruhm sind nicht alles. Am Ende des Tages zählt was echt ist. Und dass man sich noch im Spiegel betrachten kann. Du kannst clean Profi werden und du kannst clean Rennen fahren. Nehme keine Drogen, sie werden dein Freundschaften zerstören, deine Beziehungen und dein Gesundheit. Ich sah wie Freunde zu Skeletten abmagerten, kahl wurden, es wuchsen ihnen Haare am Rücken. Sie wurden geschieden, ihr Leben ist ein elender Albtraum. TU ES NICHT: DU KANNST DIE TOUR DE FRANCE CLEAN GEWINNEN: IRGENDWO IST JEMAND; DER DAS KANN. Gebe die Hoffnung nicht auf und wende dem Teufel jedes Mal den Rücken zu, wenn er es versucht. Nehme dir einen guten Coach, trainiere in der Höhe und arbeite hart. Fürchte dich nicht vor der Herausforderung. Denke daran, dass ich daran glaube, dass du das kannst und dass ich glaube, dass du sauber gewinnen kannst. Ich möchte gerne wieder Rennen fahren und wenn ich es wieder machen werde, dann werde ich clean sein bis zu meinem Tode. So werden es zumindest wir  zwei sein.

 

 

Übersetzung maki


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