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BRD / DDR - Vergangenheit



Doping in der BRD - 1960er Jahre



1969 Symposium Doping, Freiburg

Symposium Doping - Gefährdung des Menschen durch Pharmaka im Sport, Freiburg 26.10.2013

 

Die folgenden Zitate stammen aus der Veröffentlichung des Protokolls in Band II der Schriftenreihe des Bundesausschusses zur Förderung des Leistungssports des Deutschen Sportbundes, 1970.

 

Am 26. 10. 1969 fand In Freiburg unter Leitung von Dozent Dr. Joseph Keul ein Symposium über die Gefährdung der Sportler durch Doping statt, ein Thema, das entsprechend seiner Vielschichtigkelt von verschiedenen Seiten zu beleuchten war:

 

der Moralphilosophie (Prof. Dr. phi!. Dr. rar. pol. Walter Kerber, S. J., München),

der Medizin, der Biologie und der Chemie (Prof. Dr. med. Herbert Reindell, Freiburg, Prlv.-Doz. Dr. med. Armin Klümper, Freiburg, Priv.-Doz. Dr. med. Joseph Kaul, Freiburg, Dr. med. Dirk Clasing, Münster, Dr. rer. nat. Manfred Donike, Köln),

der Pädagogik (Karl Adam, Direktor der Ruder-Akademie Ratzeburg, Doz. Heinz Oberbeck, Koblenz),

der Rechtslage (Karlheinz Gieseler, Generalsekretär des Deutschen Sportbundes, Frankfurt),

der aktiven Sportler (Horst Meyer, Olympiasieger 1966 Im Achter, Hannover).



Einführung

Dr. Joseph Keul:

Die Bemühungen des Menschen, die geistige oder körperliche Leistungsfähigkeit durch Drogen zu steigern, sind keine Entdeckung der Neuzeit oder gar des Sportlers, sondern bereits Jahrtausende alt. Viele Sagen und Märchen spiegeln das Wunschdenken ·des Menschen wider, durch Einnahme von Kräutern und Säften auf geheimnisvolle Weise übermäßige Kräfte oder Fähigkeiten zu erlangen. Solches Wunschdenken findet auch seinen Niederschlag in unseren Träumen selbst und Chagall hatte Ihnen in seinen phantastischen Bildern ein ewiges Denkmal gesetzt. Dem heutigen Wissen über die Möglichkeiten der Leistungssteigerung durch Pharmaka liegt ein Jahrhundertealter Erfahrungsschatz zugrunde, und es ist oft fast unmöglich, Wunschdenken und eine wirkliche Steigerung der Leistungsfähigkeit durch eine Droge voneinander zu trennen.

...

Starke körperliche Belastungen führen zur Ermüdung, als deren Folge eine Verminderung des Leistungswillens und ein Absinken der Leistungsbereitschaft eintritt. Müdigkeit ist ein physischer und psychischer Zustand, auf den der Organismus mit einer verminderten Aktivität reagiert. Das Ziel des Dopings ist, den natürlichen Zustand der Ermüdung aufzuheben und eine Erhöhung der Leistungsgrenze herbeizuführen, wie dies auch im beruflichen Leben oft versucht wird. Bei einer Schweizer Uhrenfabrik wurden vor Jahren Kartons mit Saridon aufgestellt, die jeder frei mitnehmen konnte, da man herausgefunden hatte, daß nach deren Einnahme von den Arbeitern mehr geleistet wurde. In England wurden innerhalb einer Firma beim Bau von Fertiqhäusern an die Arbeiter Tabletten verteilt, da unter dem Einfluß von Tabletten eine Verkürzung der Arbeitszeit von 21 auf 19 Tage erreicht wurde. Die Bereitschaft des heutigen Menschen, die Leistungsfähigkeit künstlich zu erhöhen, veranlaßte HElLPACH dazu, die Neuzeit als das Leistungszeitalter der Weltgeschichte zu bezeichnen und in leistungssteigernden Drogen das diesem Zeitalter adäquate Pharmakon zu sehen.

 

Definition des Dopings

... Dabei darf auf die bestehenden Schwierigkeiten hingewiesen werden, daß nämlich allgemein gültige Vereinbarungen für die einzelnen Länder fehlen; es handelt sich nur um Empfehlungen. Weiterhin sind ethisch-moralische Vorstellungen, die diesen Definitionen mit zugrunde liegen, einem zeitlichen Wandel unterworfen und darüberhinaus ist die Entwicklung von Substanzen, die gezielt eine Leistungssteigerung ermöglichen, nicht abzusehen. Eine Reihe von Ländern hat sich im Komitee für außerschulische Erziehung des Europarates in folgender Weise geeinigt:

"Doping ist die Verabreichung oder der Gebrauch körperfremder Substanzen in Jeder Form und physiologischer Substanzen in abnormer Form oder auf abnormalem Wege an gesunde Personen mit dem einzigen Ziel der künstlichen und unfairen Steigerung der Leistung für den Wettkampf. Außerdem müssen verschiedene psychologische Maßnahmen zur Leistungssteigerung des Sportlers als Doping angesehen werden."

Der Deutsche Sportärztebund hat vor Jahren folgende Erklärung gegeben:

"Die Einnahme eines jeden Medikaments - ob es wirksam ist oder nicht mit der Absicht der Leistungssteigerung während des Wettkampfes ist als Doping zu bezeichnen."

 

Zunächst ist also zu klären:

Ist überhaupt eine Leistungssteigerung durch Pharmaka möglich?



zur Leistungssteigerung

Dr. Dirk Clasing:

Im Mittelpunkt des Dopinggeschehens steht der Versuch, mit Hilfe von Medikamenten die Ausdauerleistungsfähigkeit über das natürIiche durch Training und sinnvolle Wettkampfvorbereitung erreichte Maß hinaus zu steigern.

Hier spielen die Phenylaethylarninabkömmlinge eine besondere Rolle. Bei diesen sympatikomimetischen Aminen handelt es sich um Verbindungen, die sowohl in der chemischen Struktur wie auch in ihrer Wirkung dem Adrenalin verwandt sind. ... Die Mehrzahl der zum Dopen verwendeten Medikamente entstammt der 1. Gruppe, der der Weckamine (wie Amphetamin und Methamphetamin mit ihrer vornehmlich zentralstimulierenden Wirkung. ...

 

In einer Vielzahl von leistungsphysiologischen Untersuchungen wurde die Wirkung der Weckamine auf den menschlichen und tierischen Organismus beobachtet. Schon 1939 überprüften Lehmann und Mitarbeiter die Wirkung von 15 mg Pervitin per os bei Fahrradergometerarbeit an drei Probanden. Die Leistungsbegrenzung erfolgte durch das maximale Sauerstoffaufnahmevermögen. ... Heyrodt und WeiBenstein ließen 1940 einen trainierten Probanden sechs Wochen lang täglich bis zur Erschöpfung auf einem motorgetriebenen Laufband rennen. Gegenüber den Placeboversuchen kam es nach 15 mg Methamphetamin i. m. (insgesamt 9mal) zu einer erheblichen Leistungssteigerung, die jedoch mit nachträglichen Allgemeinbeschwerden wie Brennen hinter dem Sternum, Leibweh, plötzlichem Schwindelgefühl, mangelnder Konzentrationsfähigkeit und Kopfschmerzen verbunden war. ...

Neben den Labortests überprüften Smith und Mitarbeiter die Wirkung von Amphetamin (14 mg/70 kg Körpergewicht) per os auf die Leistungsfähigkeit von trainierten Kugelstoßern, Läufern und untrainierten und trainierten Schwimmern bei Wettkämpfen in ihren Spezialdisziplinen. Unter dem Einfluß von Amphetamin kommt es in allen drei Disziplinen bei 75% der Probanden zu einer statistisch gesicherten Leistungszunahme. Der Leistungszuwachs beträgt bei den Läufern ungefähr 1,5% und bei den Schwimmern - je nach Schwimmstrecke - zwischen 0,59 und 1,66%.

In den angeführten Untersuchungsreihen wurden die Substanzen in therapeutischen Dosen angewendet. Die von den Sportlern eingenommenen Dosen sind um ein vielfaches höher. Bei Radrennfahrern sind Gaben von mehr als 100 mg Amphetamin pro Tag nicht ungewöhnlich. In einem der beschriebenen Zwischenfälle hatte der Straßenfahrer 120 -150 mg Dexamphetamin genommen.

 

Den Beweis, daß die diskutierten Substanzen von den Ausdauersportlern vornehmlich den Radrennfahrern und Fußballspielern genommen werden, liefern uns die Ergebnisse von Antidopingkampagnen. In der Bundesrepublik werden Dopingkontrollen erst seit 4 Jahren sporadisch durchgeführt. Da es keine Aufstellung über die Zahl der untersuchten Sportler und die positiven Befunde gibt, sind wir auf Angaben aus dem Ausland angewiesen. 1955 wurden in Italien bei einer Rast beim Straßenrennen von 35 Fahrern Urinproben entnommen. 5 erwiesen sich als positiv auf Amnphetarnln, eine 1962 und 1963 in Italien durchgeführte Antidopingkampagne hatte erschreckende Ergebnisse. Selbst bel dan Schülerstraßenmeisterschaften der Radrennfahrer wurde in 4 Fällen bei 28 kontrollierten Tellnehmem (128 insgesamt) ein positives Ergebnis erbracht. Von 30 kontrollierten Fahrern der Amateurmeisterschaften hatten 14 einen positiven Befund. Dlrix berichtete 1966 auf dem 16. Weltkongreß für Sportmedizin in Hannover über die Ergebnisse der Antidopingkontrollen In Belgien im Jahre 1965. Bel insgesamt 254 Fahrern wurde der Urin auf Weckamine untersucht. In 65 Fällen (25.5 %) wurde ein positives Ergebnis gefunden, mit 37 % hatten die Berufsradfahrer an dem Kollektiv den höchsten Anteil, es folgten mit 23% die Amateure.

...

Durch Weckamine können weder ein Untrainierter sein fehlendes Training ersetzen noch ein Hochleistungssportler seine Leistungskrise beheben. Das Akutgefährdende an der Einnahme dieser Medikamente ist, daß sie den Sportler über den Zustand seines Körpers täuschen. So wird z. B. das natürliche Ermüdungsgefühl, das zum Abbruch der Belastung zwingen würde, unterdrückt. ... Eine Leistungssteigerung im Wettkampf ist nicht in jedem Fall - wie bei den Radrennfahrern und Fußballern - durch eine erhöhte Ausdauerleislungsfähigkeit zu erzielen, sondern je nach Wettbewerb können auch sedierende Substanzen zu einer erheblichen Verbesserung der Ergebnisse führen und müssen als Doping angesehen werden. So hat der Genuß von Alkohol, Sedativa oder Narkotika eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die Leistung (Trefferzahl) bei kurzfristigen Schießwettbewerben, wie z, 8. Pistolenschießen im Modemen Fünfkampf. Eine sicher nicht geringe Zahl von Sportlern greift zur Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit zu brauchbaren wie unbrauchbaren Medikamenten. Dopingmittel bieten dem Sportler auf längere Sicht sicher keine Vorteile, die nicht durch intensives Training und sinnvolle Wettkampfvorbereitung erreicht werden könnten.



Erlaubnis der Einnahme von Pharmaka

Dr. Joseph Keul:

... Es bleibt die Frage, ob eine Droge zur Steigerung der Leistungsfähigkeit ohne Gefahr für den Menschen verwandt werden kann und ob eine Leistungssteigerung mit einer Schädigung des Organismus erkauft wird.

...

Als Folge von Dopingzwischenfällen wurden Schäden an Herz und Leber

gefunden und eine Reihe von Todesfällen beschrieben.

Andererseits erhebt sich die Frage, unter welchen Bedingungen eine Einnahme von Pharmaka vor dem Wettkampf erlaubt werden könnte.

 

Dr. Armin Klümper:

Es ist oft jedoch notwendig, Medikamente bei Verletzungsschäden zu verabreichen. Darüberhinaus gibt es auch Erkrankungen wie z. B. einen Schnupfen, der einer Behandlung bedarf. Verwendet der Athlet ein Mittel, in dem die chemische Substanz Ephedrin, die auch als Doping verwendet wird, enthalten ist, so kann dies im Urin nachgewiesen werden und es müßte eine Disqualifikation erfolgen. Dabei handelt es sich in diesen Fällen jedoch nicht um Doping, da lediglich die normale Leistungsfähigkeit wieder hergestellt werden soll und nicht die Absicht noch die Möglichkeit besteht, eine über das normale Maß hinausgehende Leistungssteigerung zu erreichen. Der Arzt sollte in besonderen Fällen entscheiden und begründen können, wann die Einnahme eines Medikamentes gerechtfertigt ist. Vor dem Wettkampf sollte durch den Arzt die Einnahme von Medikamenten angegeben werden.

 

Dr. Joseph Keul:

Nicht nur vom Medizinisch-Biologischem ist eine Bewertung des Dopings zu treffen. Insbesondere ist es auch notwendig, zu einer moralisch-ethischen Klärung zu kommen und zwar:

1. Ist es vertretbar, daß der Mensch seine Leistungsreserven künstlich exzessiv beansprucht

a) mit der Möglichkeit einer gesundheitlichen Schädigung,

b) ohne die Möglichkeit einer gesundheitlichen Schädigung?

2. Inwieweit ist der Mensch berechtigt, den Organismus durch Drogen zu schädigen, um für ein hohes Ziel die notwendige Leistungsfähigkeit zu haben?

3. Inwieweit ist es vertretbar, daß bei Sportlern, die unter Bedingungen der Gleichheit antreten, ein Einzelner durch die Einnahme einer Droge Vorteile erlangt?

 

 

Prof. Dr. Dr. Walter Kerber, SJ:

I. Bevor auf die eigentlich sportethischen Probleme des Dopings eingegangen werden soll, ist eine grundsätzliche überlegung angebracht, ob und inwieweit ein gesunder Mensch sittlich berechtigt ist, durch Medikamente seine körperliche Leistungsfähigkeit künstlich zu steigern. Rein gefühlsmäßig ist man geneigt, einen solchen "künstlichen" Eingriff in die körperlichen Funktionen als sittlich zweifelhaft anzusehen, d. h. in dem unbeeinflußten "natürlichen" Ablauf der Körperfunktionen einen selbständigen sittlichen Wert zu sehen. Diese zunächst rein emotionale Abneigung läßt sich medizinisch begründen aus den Gefahren, die sich aus dem ungehemmten Gebrauch von Drogen und aus der Abhängigkeit des Menschen von ihnen ergeben, ferner aus der Möglichkeit vorhersehbarer und unvorhergesehener gesundheitlicher Schädigungen. Darüber hinaus läßt sich auch theologisch argumentieren, daß der Mensch keine unbeschränkte Verfügungsgewalt über seinen Leib und dessen Funktionen besitzt. ... Tatsächlich läßt sich aber auch aus dem theologischen Argument nur ableiten, daß der Mensch nur aus einem entsprechend schwerwiegenden Grund zur leistungssteigernden Droge greifen darf und dabei die sich daraus ergebenden Gefahren berücksichtigen muß, nicht aber, daß es immer unsittlich sei, die "natürlichen" Lebensvorgänge zu verändern.

...

Für den Gebrauch von Drogen bei Gesunden lassen sich allgemein die folgenden Grundsätze formulieren:

1. Der natürlich-ungestörte Ablauf der körperlichen Funktionen stellt in sltttlicher Hinsicht zwar einen Wert dar, aber keinen absoluten Wert.

2. Um eines entsprechenden Wertes willen, also möglicherweise auch zum Zweck der eigenen Leistungssteigerung im Hinblick auf ein wichtiges Ziel, können "künstliche" Eingriffe in diesen Ablauf vorgenommen werden.

3. Sind keinerlei gesundheitliche Schädigungen zu befürchten, auch nicht aus der Gefahr einer Gewöhnung, ist eine "künstliche" Mobilisierung von Leistungsreserven unbedenklich.

4. Sind gesundheitliche Schädigungen zu befürchten. muß eine sittliche Abwägung getroffen werden zwischen den zu erwartenden oder möglichen Schädigungen und dem Wert, der durch die Mobilisierung der Leistungsreserven erreicht werden soll. Im einzelnen lassen sich über die Kriterien dieser Abwägung nur schwer allgemeingültige Aussagen machen. Jedenfalls ist die rein biologische Gesundheit nicht ein absoluter und höchster Wert. Andererseits muß das Ziel, um dessentwillen die Droqe eingenommen wird, wertvoll genug sein, um elne Schädigung zu rechtfertigen, und darüber sollte eine echte sittliche Gewissensentscheidung erfolgen. Es läßt sich beispielsweise denken, daß ein Arzt durch Aufputschrnlttel seine Gesundheit gefährdet, um eine wichtige Versuchsreihe zum Abschluß zu bringen oder das Leben von Patienten zu retten. Es dürfte aber klar sein, daß es sich hier nur um Ausnahmefälle handeln kann.

 

II: II. Ganz anders ist die "künstliche" Leistungssteigerung im Bereich des Sports sittlich zu beurteilen. Auch hier stellt sich zunächst das Definitionsproblem, welche Mittel als "natürlich", welche als "künstlich" angesehen werden sollen. Die vorliegenden Doping-Verbote umgehen diese Schwierigkeit durch tautologische Definitionen. Aus dem Wettkampfcharakter des Sports ergibt sich zunächst, daß einheitliche und verbindliche Bestimmungen getroffen werden müssen, welche Mittel als verboten zu gelten haben. Solange nicht nur eine, sondern mehrere voneinander abweichende Listen der verbotenen Doping-Mittel existieren, ist die notwendige Chancengleichheit des Sportlers im Wettkampf nicht gesichert.

Welche leistungssteigernden Mittel können aber allgemein für alle Sportler zugelassen werden? Diese Frage läßt sich nur beantworten durch einen Rückgriff auf die allgemeine Zielsetzung des Sports, auf ein verbindliches Sportethos. ...

Man wird die körperliche Gesundheit nicht als das einzige Ziel oder als das Hauptziel sportlicher Betätigung ansehen können. Als eigentlichen Sinngehalt des Sports könnte man vielmehr eher das Selbsterlebnis des Menschen in der körperlichen Leistungssteigerung und Vervollkommnung, insbesondere im Wettkampf mit dem Rivalen, ansehen. Dabei spielen die sozialen Ideale der Kameradschaft und FairneB noch eine bedeutende Rolle. Wenn aber damit der Sport so wesentlich auf körperliche Ertüchtigung hin ausgerichtet ist, ist die Einnahme gesundheitsschädlicher Medikamente als unmittelbar dem Ethos des Sports entgegengesetzt und deshalb verwerflich anzusehen. ... Diese Bedingungen der Fairneß sind, wie schon oben erwähnt, durch klare quasi-rechtliche Bestimmungen näher zu definieren, und für ihre Einhaltung muß durch Kontrollen gesorgt werden.

Für die unmittelbare Praxis wäre immerhin schon viel gewonnen, wenn wenigstens alle klar gesundheitsschädlichen Medikamente vom Sportkampf wirksam ausgeschlossen würden. Eine Doping-Kontrolle läßt sich jedoch kaum so vollkommen durchführen, daß sie nicht doch noch in Einzelfällen umgangen werden könnte. In manchen Grenzbereichen wird die sittliche Entscheidung immer dem Gewissen des Sportlers und des Sportarztes überlassen bleiben, um der Gesundheit und der Grundwerte des Sports, insbesondere um der Fairneß willen auch dann auf eine medikamentöse Hilfe zur Leistungssteigerung zu verzichten, wenn er dafür bei einer Doping-Kontrolle nicht disqualifiziert werden könnte.



Trainermeinungen

Dr. Joseph Keul:

Während sich von der moral-ethischen Seite her demnach auch gewichtige Gründe gegen das Doping herleiten lassen, ist es noch erforderlich zu prüfen, warum das Doping vom Trainer bzw. Pädagogen abgelehnt wird, und ob es Voraussetzungen gibt, unter denen eine Einnahme von leistungssteigernden Drogen erlaubt sein könnte.

 

Karl Adam:

Ich will zum Thema Doping und Dopingverbot drei Gesichtspunkte ins Spiel bringen, von denen ich fürchte, daß sie unter Medizinern zu kurz kommen können.

1. Der logische Gesichtspunkt (Analyse einiger für die Argumentation wichtiger Begriffe),

2. der gruppendynamisch-pädagogische Gesichtspunkt.

3. der Gesichtspunkt des Trainers.

In der Diskussion um Doping und Dopingverbot spielt das polare Begriffspaar natürlich - unnatürlich eine dominierende Rolle. Dabei werden zwei wesentliche Voraussetzungen gemacht:

Voraussetzung 1: Das Begriffspaar ergibt eine eindeutige und vollständige Klasseneinteilung aller möglichen Maßnahmen, Verhaltensweisen, Mittel, Medikamente, Einwirkungen.

Voraussetzung 2: Ausschließlich die Klasse der natürlichen Einwirkungen ist positiv zu bewerten.

Diese Voraussetzungen sind nicht haltbar. ... Der Begriff natürlich gehört in die Kategorie unbestimmter Pauschalbegriffe wie gottgewollt, geschichtlich, dialektisch usw., die mit starker emotionaler Tönung belegt sind, deren Inhalt aber beliebig auswechselbar ist. Ich erinnere daran, daß Vegetarier, Homöopathen, Wurstfabrikanten und Antroposophen den Begriff "natürlich" sehr verschieden interpretieren. Im praktischen Gebrauch ist "natürlich " oft ein Synonym für gewohnt. ... Im Zusammenhang mit dem Doping-Problem wird das Begriffspaar natürlich - unnatürlich oft durch physiologisch - unphysiologisch ersetzt. Dadurch ändert sich nur eins. Die Entscheidungsbefugnis über die Klasseneinteilung wird Angehörigen der medizinischen Priesterkaste vorbehalten.

Aus diesen Überlegungen folgt, daß Festsetzung einer Grenze zwischen erlaubten und unerlaubten Mitteln und Verfahren auch unter Verwendung der Begriffe unnatürlich oder unphyslologisch willkürlich bleibt.

 

Willkürliche Festsetzung einer Gruppennorm ist völlig legitim und natürlich im Sinne von üblich. Doch muß man - das ist eine pädagogische Erfahrung - dabei gewisse pragmatische Regeln befolgen, wenn man nicht die Aktionsfähigkeit der Gruppe gefährden will.

Solche Regeln sind:

1. Nichts verbieten, was nicht unbedingt verboten werden muß.

2. Ein bestehendas Verbot konsequent durchführen.

3. Kein Verbot, wo keine Kontrollmöglichkeit besteht.

Nichtbeachtung dieser Regeln führt oft zur Aufweichung des Normensystems einer Gruppe. Geschicktes Umgehen der Verbote wird dann mit Vorteilen prämiiert. An die Stelle als notwendig empfundener Sicherung geordneten Zusammenwirkens trifft unnötige Bevormundung, dle versteckte oder offene Opposition auslöst.

 

Medikamentöse Leistungsbeeinflussung sollte daher nur dann unbedingt verboten und mit Sanktionen bedroht werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

1. Schwere Gesundheitsschäden als möglich erwiesen.

2. Gebrauch des Mittels arn Wettkampftag nachweisbar.

In allen anderen Fällen ist eine sehr eingehende Analyse nötig.

 

Als Trainer bin ich der Ansicht, daß die Entscheidung darüber, ob ein Athlet seine physiologischen Leistungsvoraussetzungen etwa durch Anabolika verbessern will, nur er selbst treffen kann. Funktionär, Sportmediziner, Trainer haben die Pflicht zur Aufklärung über die Wirkung, aber nicht das Recht der Bevormundung.

 

Helnz Oberbeck:

Wer das Doping ablehnt und diese Ablehnung zu begründen versucht, wird bei allen Bemühungen, pädagogische Argumente zu fixieren, nicht überzeugen können. Der medizinische Aspekt ist die Basis. Hier werden wir mit Fakten konfrontiert: Es gibt Medikamente, die zu eIner kurzfristigen Leistungssteigerung führen, in ihrer Folge aber die Person (Persönlichkeit) zerstören können. Wenn der Sport eine pädagogische Relevanz hat, dann dadurch, daß er zum "Aufbau der Person" einen Beitrag zu leisten vermag. Ein "Gedopter" erweist sich somit als ein Fehlgeleiteter. Er ist ein Symptom für eine falsche Wertsetzung innerhalb einer Bezugsgruppe. ... Die Spitzenleistung eines Athleten ist heute das Ergebnis einer durchorganisierten Gruppenarbeit. Exogene Faktoren gewinnen zunehmende Bedeutung. Die leistungsorientierte Gesellschaft unterstützt dieses Kooperationsphänomen und erwartet nur eins : Erfolg! ...

 

Der Griff zur Droge geschieht aus zwei Gründen:

1. Aus Angst vor Mißerfolg (Mißerlolgsmeldungstendenzen bel Spitzensportlern).

2. Zur Befriedigung eines übersteigerten Erlolgsbedürfnisses (vornehmlich

bel Athleten unterhalb der absoluten Spitzenleistung).

Doping erweist sich damit als ein sichtbares Kennzeichen eines konsequenten

Radikalismus im Sport. Doping erweist sich damit als ein sichtbares Kennzeichen eines konsequenten Radikalismus im Sport. Wenn Zerstörung als der Preis für den Erfolg in Rechnung gestellt wird, gilt die physiologische Variationsbrelte eindeutig als verlassen. Dieser gesamte Fragenkomplex erfährt eine Verwirrung durch die Tatsache, daß unter den als Doping bezeichneten Medikamenten einige zu nennen sind, deren schädigende Wirkung "als nichtgesichert" (Steinbach) angenommen werden darf. Hier bleibt es der medizinischen Forschung aufgegeben, für eine unverzügliche Klärung Sorge zu tragen. Ein Verbot offensichtlich unschädlicher Stimulanzen läßt sich nur unter sportethischem Gesichtspunkt rechtfertigen.

 

Als Möglichkeiten der Verhütung des Dopings lassen sich nennen:

1. Der Schule ist es aufgegeben. über die Erziehung zu einer rechten Spielhaltung hinaus zu einem Sportethos vorzudringen. Eine "Sportkunde" hat zukünftig die Praxis in den Leibesübungen zu ergänzen. Das heißt auch: Aktlve, Betreuer und Zuschauer (Kritiker) sind auf ihre Rollen vorzubereiten.

2. Der Sport läßt sich als ein ernstgenommenes steigerbares Spiel definieren (DIEM). Ein wesentliches Spielmoment ist die Freiheit. Das heiBt auch: Wir müssen das im Sport erzielte Ergebnis freihalten von existenziellen Konsequenzen für den Einzelnen und politischen Kalkulationen von Gruppen.

3. Im Spitzensport ist eine Kooperation Athlet - Trainer - Arzt - Verbandsführung unerläßlich. Gegenwärtig sind wir über Ansätze nicht

hinaus.

 

Gegenwärtig besteht zur Art und Weise von Dopingkontrollen kein ausreichendes Vertrauen:

1. Die Informationen darüber, welche Präparate als Doping zu gelten haben, sind unzureichend. Widersprüchliche Äußerungen sind verwirrend.

2. Nur die Präparate. die sich nach Verwendung einwandfrei nachweisen lassen, dürfen von einem Verbot erfaßt werden.

3. Im Zweifel ist immer für den Angeklagten zu entscheiden.

4. Das Statuieren von Exempeln ist mit mehr Verantwortungsbewußtsein für den "Fehlgeleiteten" zu verbinden. In jedem Fall ist der überführte Athlet vor der Veröffentlichung des Kontrollergebnisses anzuhören und als erster von einer Disqualifikation in Kenntnis zu setzen.

5. Die bisher übliche Beschränkung von Stichproben (nach Losentscheid) ist abzulehnen. Folgender Modus wird empfohlen: Wenn in einem Wettbewerb überhaupt Kontrollen durchgeführt werden sollen, dann sind jeweils die ersten sechs und dann evtl. weitere Plazierte (nach Los) z



Sportlermeinung

Horst Meyer:

Man sollte sehr trennen zwischen psycnologischemn Doping und dem Doping durch Einnehmen von Medikamenten. Psychologische Mittel zu verbieten, wie es der Europarat empfiehlt, hieße, das Leistungsvermögen im Sport zu sterilisieren, was aber unhaltbar ist. Bei einem Verbot müßte man nachträglich die Mannschaften des Deutschlandachter der letzten zehn Jahre disqualifizieren, denn die Erfolge sind z. T. auf das große Können der psychologischen Führung von Karl Adam zurückzuführen. Der Hauptgrund für die Verwendung von Dopingmitteln liegt in der mangelnden Aufklärung über die Gefahren, die den wesentlichen Grund für eine Ablehnung darstellen. - Sofern es nicht gestattet ist, Drogen zur Leistungssteigerung zu nehmen, muß die Einnahme bei einem Athleten als unfair und als ein Verstoß gewertet werden, da der mögliche Vorteil einer Leistungssteigerung die notwendigen gleichen Voraussetzungenim Wettkampf aufhebt.



internationale Regelungen

Dr. Joseph Keul:

Welche Vorstellungen bestehen auf internationaler Ebene, insbesondere beim IOC, dem Doping Einhalt zu gebieten?

 

Prof. Dr. Herbert Reindll:

Die IOC-Kommission zur Bekämpfung des Dopings beschäftigt sich derzeit mit allgemein gültigen Dopingvorschriften. Die einzelnen Schritte bei den Dopinguntersuchungen müssen standardisiert werden:

1. Es muß absolut sichergestellt sein, daß der zu untersuchende Urin auch wirklich von dem verdächtigten Sportler stammt. Die Flasche muß versiegelt werden und versiegelt zum Laboratorium gebracht werden.

2. Um eine Kontrollmöglichkeit zu gewährleisten, muß in einer zweiten Flasche Urin aufbewahrt werden, der bei positivem Ergebnis in Absprache mit dem Sportler in einem anerkannten Laboratorium untersucht werden kann.

3. Die Nachweismethoden müssen allgemein festgelegt werden, worauf Herr Donlke berei



gesetzliche Grundlagen

Dr. Joseph Keul:

Wenn das Doping bekämpft werden soll, müssen auch

Ahndungsmöglichkeiten bestehen. Welche gesetzlichen Grundlagen bzw. Regeln gibt es, um das Doping zu verhindern?

 

Karlheinz Gieseler:

Die Sorgen der Mediziner, Sozialethiker und Pädagogen haben bereits erkennen lassen, um wieviel größer noch die Nöte im rechtlichen und organisatorischen Bereich sein müssen, um fertig zu werden mit dem wachsenden Mißbrauch "von organismusfremden Mitteln oder physiologischen Substanzen in außergewöhnlichen Mengen durch gesunde Sportler mit dem Ziel der Leistungssteigerung auf künstliche Welse". ... Um festen Boden unter die angestrebten Maßnahmen zu bekommen, sollte deshalb der erste Schritt auf die wirklich ernsthaften und gesundheitsschädigenden Manipulationen durch das Doping beschränkt werden; alles weitere auch im Hinblick auf die fortlaufende Veränderung der Medikamente bliebe dann der Ergänzung überlassen.

 

Den Rahmen der gesetzlichen Grundlagen für ein Verbot des Dopings hat Bundesanwall Dr. Kohlhaas 1966 abgesteckt und dringend davor gewarnt, "gesetzliche Regelungen anzustreben, die eine unendlich lange Zeit in Anspruch nehmen und einen Rattenschwanz von verfassungsrechtlichen Einwänden nach sich ziehen könnten". Für gerichtliche Ahndung reichen die Bestimmungen über Körperverletzung aus; für sport-organisatorische Maßnahmen sollten einheitliche Richtlinien des Deutschen Sportbundes geschaffen werden, welche die Sportverbände in eigener Gerichtsbarkeit zur unnachsichtigen Verfolgung des Dopings befähigen, ohne daß Staatsanwalt und Strafrichter bemüht werden müßten. Denn gerade wirksame Bußen, Sperren, Disqualifikationen oder Verbote fur Trainer etc. können staatliche Behörden oder Gerichte gar nicht verhängen, weil weder im Strafgesetzbuch noch im Ordnungswidrigkeiten-Gesetz solches vorgesehen ist.

 

Von dieser Erkenntnis und ähnlichen Überlegungen ausgehend, hat der Deutsche Sportärztebund den Deutschen Sportbund auf seinem Bundestag 1966 in München veranlaßl, eine Empfehlung zum Verbot des Dopings an die deutschen Turn- und Sportverbände herauszugeben. Daß diese Empfehlung nicht die Wirkung bekommen hat, die angesichts der wachsenden Bedeutung des Problems wünschenswert gewesen wäre, liegt wohl auch in den immer noch fehlenden klaren Antworten zu dieser Frage. Inzwischen hat der DSB aber eine neue Initiative eingeleitet: Im Auftrag des Hauptausschusses des DSB wird eine Kommission (unter Hinzuziehung des BMI u. a. m.) Richtlinien und Ausführungsbestimmungen zur Bekämpfung des Dopings erarbeiten, die dann dem Bundestag 1970 des DSB zur Beschlußfassung vorgelegt werden sollen. Regelungen in der Schweiz u. a. m. bieten eine gute Orientierung für den deutschen Sport, der auch im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 1972 richtungweisend handeln muß, nachdem feststeht, daß gesetzliche Bestimmungen wie z. B. in Frankreich hierzulande nicht in Frage kommen.

 

Wie sieht es nun in der Praxis der Verbände aus? Die Regelungen in den Sportverbänden richten sich durchweg nach den Doping-Bestimmungen der Internationalen Föderationen, von denen allerdings nur die AlBA (Boxen), FIFA (Fußball), ICF (Kanu), IAAF (Leichtathletik), FEI (Reiten), FISA (Rudern) und UIPM (Moderner Fünfkampf/Biathlon) Festlegungen - durchweg unter Einschluß des Alkohols - in ihren Statuten, Wettkampfordnungen etc. getroffen haben. Bel den deutschen Sportverbänden sind die Doping-Bestimmungen des Bundes Deutscher Radfahrer am weitreichendsten; sie schließen in den Ausführungsbestimmungen Urin-, Speichel- und sogar Blutuntersuchungen ein. In allen Fällen ist es so, daß die Verbände selbst anordnen und nicht etwa der Arzt, der nur seine medizinischen Erkenntnisse zu vermitteln, aber keine obrigkeitlichen Aufgaben auszuüben hat, der helfen, aber nicht Verbands- oder Polizeiorgan spielen soll. Der Verband allein lrägt auch die Verantwortung für die Untersuchungen; er kann bei Verstoß Strafen ete. oder bei unbegründeter Weigerung Zwangsmaßnahmen anordnen oder - wenn es gar nicht anders geht die Polizei zu Hilfe holen.

 

Die Regelungen in den einzelnen Ländern sind - wie einige Beispiele zeigen - recht unterschiedlich. Italien hat seinen "sportman-code", der auch Doping-Kontrollen aufführt. In Österreich schlossen sich nach einem Minister-Erlaß des Erziehungsministeriums die Sportverbände zu einer Konvention zusammen, die alle Sportler, Trainer, Ärzte (und selbst die im Lande startenden ausländischen Sportler) dem Doping-Verbot und angeordneten Kontrollen unterwirft. In Frankreich hat ein von der Nationalversammlung beschlossenes und vom Staatspräsidenten verkündetes Doping-Geselz, das für jeden Sportler, Trainer etc. vor und während des Wettkampfes Doping verbietet, vielfältige - auch klinische - Untersuchungen anordnet und sogar Kontrollen des Gepäcks, Kleidung, Zimmer oder Umkleideräume einschließt. Die Schweiz schließlich verfügt über Weisungen des Schweizerischen Landesverbandes für Leibesübungen (SLL) zur Bekämpfung des Dopings, die besagen, das rezeptpflichtige Mittel vor und während der Wettkämpfe nicht gegeben und während dieser Zeit auch nur von Ärzten mitgeführt werden dürfen; die Ausführungsbestimmungen sind beispielhaft, einfach und klar.

 

Alles in allem: In der Dopingfrage ist noch vieles in Bewegung. Manches, was heute gelegentlich unter Doping gezählt wird, fällt wirklich nicht darunter. Wer z. B. - wie es nicht selten geschieht - auch die psychologische Führung des Athleten einbeziehen will, geht weit am Problem vorbei. Doping ist eben kein Feld für Mutmaßungen oder Hexenjäger, es verlangt nach Klarheit und Wahrheit, nach sauberen Abgrenzungen, wissenschaftlich gesicherten Untersuchungsverfahren und integren Kontroll- und Berufungsinstanzen. Zugegeben, der Mißbrauch wächst und Eile scheint geboten; doch gewarnt wird vor Übereilung, die das ganze schwierige Problem mit halben Maßnahmen in einer Flut von Mißtrauen ersticken könnte. Mit das Wichtigste aber ist das Vertrauen in die Richtlinien, nach denen man redliche Kontrolle durchführen, Recht sprechen und Gerechtigkeit üben kann.



Zusammenfassung

Dr. Joseph Keul:

Wenn ich abschließend zusammenfassen darf, kann der Gebrauch von leistungssteigernden Mitteln beim Sportler nicht bejaht werden, da der Athlet sich

1. In unfairer Weilse einen Vorteil gegenüber den anderen zu verschaffen sucht sucht,

2. bei wiederholter Einnahme es zu einem Persönlichkeitsverfall und zur Minderung moralisch-sozialer Kräfte im Menschen kommt. Das Training wird schließlich als natürliche Wettkampfvorbereitung vernachlässigt und die Drogen mehr und mehr gesteigert.

3. Es besteht die Gefahr einer Schädigung des Organismus.

 

In unserer Zeit, in der als Maßstab für den Menschen die Leistung schlechthin gilt, die Leistung zum Bezugssystem für die Gesellschaft und die Anwendung von anregenden Mitteln zur Selbstverständlichkeit geworden ist, ist eine wirksame Verhinderung des Dopings sicher nicht einfach. Die Möglichkeit, dem Doping Einhalt zu gebieten, ist 1. die Unterrichtung und Aufklärung von Betreuern und Athleten. Die Tatsache, daß eine fragliche Leistungssteigerung im Wettkampf eventuell mit einer Schädigung des Organismus erkauft wird, vermag abzuschrecken. Hier liegt der Wirkungsbereich des Arztes, der auf diesen Tatbestand hinweisen kann. Darüberhinaus sollte der Arzt insbesondere bei der Verordnung von sogenannten kreislaufanregenden Mitteln und dergleichen beim Sportler sehr zurückhaltend sein, da es kaum eine Indikation im Sport dafür gibt. Die Möglichkeit, dem Doping entgegenzuwirken, sind das Verbot und entsprechende zuverlässige Untersuchungen und Kontrollen von Athleten. ... Die zukünftige Bekämpfung in Deutschland wird durch neue für die Verbände gültige Regeln des Deutschen Sportbundes geschehen. Es bleibt festzuhalten, daß eine Gruppe von leistungssteigernden Drogen vorhanden ist; man kann sie als mehr oder weniger künstliche Nachschlüssel bezeichnen, die sich der Mensch geschaffen hat, um die sich seinem Willen unzugänglichen Reserven zugänglich zu machen. Die Natur hat diese Reserven für die Überwindung akuter Notfälle geschaffen. Die pharmakologische Leistungssteigerung führt zu einer Ausbeutung dieser Reserven. GRAF bezeichnete dies als eine Verletzung von Naturgesetzen, die nicht ungestraft bleibe. Vor allem sei darauf hingewiesen, daß es kein Mittel gibt, das den Menschen in die Leistungsform bringt, die er durch ein systematisches Training, gezielte Ernährung, ausreichenden Schlaf und eine natürliche Entspannung erreicht.


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