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Schwarzer Sprinter-Superstar: Major Taylor

Der Major war oft auf den Titelseiten französischer Zeitschriften abgebildet. Hier ein Foto vom April 1901.

Major Taylor, der amerikanische Bahnsprinter, war der erste schwarze Superstar der Sportgeschichte. Unser Bild zeigt ihn in einer französischen Zeitschrift (vermutlich La Vie au Grand Air) in der „Galerie der sportlichen Berühmtheiten“. Als es am 18. April 1901 in Paris veröffentlicht wurde, hatte der 23-Jährige seine ersten Rennen in Europa überhaupt hinter sich, auf der Bahn von Berlin-Friedenau und in Roubaix. Ein Triumph des ersten dunkelhäutigen US-Sportlers in Europa reihte sich an den nächsten, und von Mai bis Juli wurde Taylor hofiert, bejubelt und verehrt. Er eroberte in jenem Jahr 1901 von der Weltsporthauptstadt Paris ausgehend einen ganzen Kontinent – unschlagbar auf dem Velodrom, gewinnend in seinem Auftreten. Die Siegeszüge in Europa von 1901 bis 1904 waren der Höhepunkt seiner Karriere.

 

Nach zwei Jahren Pause kam der Held noch für drei Sommer nach Europa zurück, weil er es noch einmal wissen wollte. Doch seine Karriere lief aus. Am 1. August 1909, vor hundert Jahren also, schrieb er aus Düsseldorf seiner Frau Daisy ins heimatliche Worcester (Massachusetts): „Ich bin im Großen Preis von Buffalo letzten Donnerstag abend gescheitert, bin nicht einmal ins Finale gekommen. Und warum? So sehr ich es versuche, kann ich einfach nicht mehr so gut fahren wie letztes Jahr.“ 1910 hörte er auf, mit 32 Jahren. Der zweite schwarze Weltmeister in einer Sportart (nach dem Boxer George Dixon), der „nègre volant“ (fliegende Neger) versuchte es im Business, scheiterte und starb 1932 völlig verarmt in Chicago. Er wurde 53 Jahre alt.



Das Buch von Andrew Ritchie, erschienen 1988 in San Francisco.

Obwohl sein Geburtsort Indianapolis 1982 eine Rennbahn nach ihm benannte, ist Major Taylor ein Vergessener. Auch ich war ahnungslos, als ich in Neuchâtel bei einem Flohmarkt auf sein Portrait stieß und es, neugierig geworden, fotografierte. Urs Schuler sah mir über die Schulter und sagte, das sei ein ganz Großer gewesen; und dann lieh mir François das Buch „Major Taylor“ von Andrew Ritchie, 1988 erschienen: eine fesselnde Lektüre. Der englische Autor zeigte sich überrascht, wie wenig über den „Major“ geschrieben worden sei; außer dessen eigener Autobiografie lag fast nichts vor, und die Recherche erwies sich als schwierig.



Kindheit und Jugend

Ritchie schreibt über die Jahre zwischen 1890 und 1910: „In einer Welt ohne Autos, Motorräder und Flugzeuge waren Fahrradrennfahrer die schnellsten Menschen auf dem Planeten.“ Marshall Walter Taylor kam am 26. November 1878 in einem Vorort von Indianapolis zur Welt. Seine Großeltern waren noch Sklaven gewesen, und seine Eltern zogen nach Indiana und arbeiteten in einem wohlhabenden weißen Haushalt. Marshall war ein aufgeweckter, liebenswerter Kerl und wuchs mit dem Sohn des Hauses auf. Als die Familie wegzog, schenkte sie ihm ein Fahrrad, mit dem der Junge zunächst Zeitungen ausfuhr. Er war flink und kannte akrobatische Tricks, die er in Diensten eines Fahrradhändlers anderen beibrachte – meist zu festgelegten Zeiten und in Uniform, daher vermutlich der Beiname „Major“.

 

Dann hatte er das Glück, Louis „Birdie“ Munger kennenzulernen. Ritchie über den Enthusiasten: „Er lebte, sprach, aß und schlief Fahrrad.“ Munger hatte ein Fahrradgeschäft und unterstützte den Rennsport. Er mochte den bescheidenen, sympathischen Taylor und förderte ihn. 1893 durfte der damals 15-Jährige den großen Arthur Augustus Zimmerman kennenlernen, der im damaligen Jahrzehnt eine Legende war. Dann brauchte es nur noch einen Anstoß. Den gab Munger Major Taylor am 30. Juni 1895. Er zwang den Halbwüchsigen zu einer Feuertaufe: Er sollte die 75 Meilen nach Matthews mitfahren, sein erstes langes Rennen. Wenn er das schaffen würde, mochte sich Munger gedacht haben, wäre alles möglich. Es wurde eine Taufe mit Regen und Schlamm. Nur einer kam durch: der 17-jährige Major Taylor, der sich sogar gegen Schikanen seiner weißen Konkurrenten wehren hatte müssen.

 

Der Hass und die Intrigen seiner weißen Kollegen in den Vereinigten Staaten sollten den „Major“ sein Leben lang begleiten. 1894 stimmte der Radverband League of American Wheelmen (LAW) mit 127 zu 54 Stimmen für die „Color line“. Vor allem Sportler aus dem Süden, angeführt von einem Colonel (Oberst) Watts, hielten es für einen Skandal, dass schwarze Radfahrer mit von der Partie sein sollten. Watts drohte mit dem Austritt vieler Mitglieder. Es kam anders: Die Mitgliederzahl sank um 10.000. Doch dann der Fahrradboom. 1896 hatte die LAW 40.000 Mitglieder, 1897 schon 75.000. Alle fuhren rad wie irr, das war gut; jedoch in anderer Beziehung war das Jahrzehnt zwischen 1891 und 1900 das schwärzeste, symbolisch gesehen. Es wurden 1217 Lynchmorde an Schwarzen gezählt, also fast jeden dritten Tag einer. Major Taylor, „the darkey“ (der kleine Dunkle), wurde oft angefeindet. Er schloss sich einem Klub schwarzer Fahrer an, dem „See-Saw Cycling Club“ (der Zig-zag Cycling Club war der Klub der Weißen).



Massachusetts und der Durchbruch

Birdie Munger sah das rassistische Klima in Indianapolis, aber auch die besseren Geschäftsmöglichkeiten an der Ostküste. Er zog um und nahm Major Taylor mit. In Worcester in Massachusetts sah das schon anders aus. Die örtliche Zeitung schrieb begeistert, Taylor, der kleine Neger, sei „ein Wunder“; er „ist schwarz wie Kohle und hat ein feines, intelligentes, lachendes Gesicht“. Das wurde anlässlich des Sechstagerennens im Madison Square Garden in New York geschrieben, der nächsten Feuerprobe, in die Munger ein Jahr nach der ersten seinen Zögling schickte. Es waren brutale Rennen, man fuhr vor 20.000 Leuten andauernd im Kreis, schlief eine Stunde, fuhr weiter, und am sechsten Tag traten nur noch bleiche geistergleiche Gestalten, die wegen des Schlafentzugs Halluzinationen und fortwährend Hunger hatten, mechanisch in die Pedale, dabei taumelnd. Schon vor dem Rennen schlug Major Taylor den berühmten Sprinter Eddie Bald, und bei den Sixdays schlug er sich auch wacker. Danach war der 18-Jährige schon etwas wie ein Halbprofi.

 

Im Jahr darauf, 1897, stand der „Majah“ als erster Schwarzer in der Liste der Profiradfahrer. In Harrisburg fuhr er einen Rekord über eine Meile heraus, in Reading sahen 4000 Menschen zu, und Taylor kämpfte gegen Eddie Bald und Nat Butler und Willam Becker, holte viele Siege, aber was wichtiger war: Die Zuschauer jubelten ihm zu. „Wo er hinging, liebten ihn die Leute“, schreibt Ritchie. Sein Ruf eilte ihm voraus. Doch im Frühherbst häuften sich schon wieder die Attacken seiner unfairen weißen Gegner, die ja in der Überzahl waren. In Worcester schob ihn ein Fahrer zur Seite, dass der Major böse stürzte.

 

In Taunton, wo er Zweiter wurde, griff ihn nach dem Rennen plötzlich Becker von hinten an und würgte ihn, dass der Angegriffene erst 15 Minuten später das Bewusstsein wiedererlangte. Immer dasselbe: Bei Rennen im Süden wurde dem Major die Unterkunft verweigert, er sah sich elf weißen Kontrahenten gegenüber, die entschlossen waren, es ihm möglichst schwer zu machen. Die Presse gab dem Schwarzen die Schuld.



Weltmeister und US-Champion

Das Jahr 1898: Seine Mutter stirbt, und der Major verpflichtet sich – einem Versprechen der Sterbenden gegenüber getreu – der baptistischen Religion. Das bedeutet einen strengen Lebenswandel, also keinen Tropfen Alkohol und Heiligung des Sonntags (der als Sabbat schon immer in Taylors Familie hochgehalten worden war). Das bedeutete: keine Rennen am Sonntag fahren. Der Major hielt immer daran fest, und nur im letzten Jahr, als er in argen Geldnöten war, ging er einige Male von seinem Grundsatz ab. Der vorbildliche Lebenswandel des Sportlers wurde vielen zum Vorbild und flößte seinen Fans Hochachtung ein. Obendrein eignete sich Taylor kleine Marotten an, so startete er gern im Trikot der Nummer 13 oder nahm sich eine Zimmer dieser Nummer.

 

Das Jahr krönte Major Taylor Mitte November mit einem neuen Weltrekord über die Meile: 1:43,5 Minuten! Ja, Taylor war stets der explosive Sprinter mit einem Wahnsinns-Antritt, und damals gab es noch keine großen Straßenrundfahrten. Erst als seine Karriere 1910 endete, gab es seit einigen Jahren die Tour de France und den Giro d’Italia. Im August 1899 verbesserte der schwarze Jäger seinen Rekord auf unglaubliche 1:22,5 und legte am 15. November dsselben Jahres noch einmal nach: 1:19,5. Man fuhr hinter einem Schrittmacher, einem motorgetriebenen Fahrzeug mit einer hochgestellten Platte am Ende, hinter der der Fahrer kauerte. Ein Reporter schrieb: „Taylor klebte hinter dem Schild wie eine Briefmarke.“ Die Zeit bedeutete einen Schnitt von 45,5 Meilen, also 60 Kilometer in der Stunde. Im Jahr 1899!

 

Vorher war Major Taylor Meilen-Weltmeister in Montreal geworden. „Es war das erste Mal“, schrieb Andrew Ritchie, „dass ein schwarzer amerikanischer Athlet in den Mainstream einer Sportart eindrang.“ Und am Ende der Saison 1900 wurde er sogar amerikanischer Sprint-Champion mit 40 Punkten vor Kramer (20) und Kimble (18). Aber immer wieder wurde er, der bekannte Sportler, im Süden der USA diskriminiert. Hotelportiers schickten ihn aus der Halle fort, man wollte ihm kein Zimmer vermieten oder ihm kein Essen servieren. Noch störender war eine Spaltung der LAW: Es hatte sich eine Rebellengruppe gebildet, die jedoch erst nach langen Verhandlungen Taylor aufnahm und auch nur deshalb, weil sie nicht als feige gelten wollte, denn sie nahm ja den in ihre Reihen auf, der sie alle schlagen würde.



Superstar

Der Superstar! Ich schreibe dieses Wort hin, während alle über den Tod von Michael Jackson trauern. Schwarze haben die Musik im Blut. Auch der Major hatte einen unnachahmlichen Stil: Sein ganzer Oberkörper blieb unbeweglich, wogegen seine Beine wie Dampfhämmer die Pedale bearbeiteten, und so, über den Lenker gebeugt, katapultierte der Champion sich in damals ungeahnte Dimensionen. Am 16. Mai 1901 sahen ihn 20.000 Menschen im Pariser Prinzenpark. Leipzig begrüßte enthusiastisch den „schwarzen Weltmeisterfahrer“. Diese drei Monate waren die beeindruckendste Vorstellung, die ein schwarzer Athlet jemals gab. Der Major reiste zurück – vom europäischen Paradies ins Fegefeuer des Rassenhasses.

 

Am 21. März 1902 heiratete er Daisy Morris, und in jenem Jahr bis 1904 war der rastlose Radler wiederum dauernd auf Tournee – zwei Mal umkreiste er den Globus und eroberte so nebenbei auch Australien. Die 4000 Dollar, die er dort verdiente, entsprach dem Verdienst eines Arbeiters in 40 Jahren. Zu Hause wartete dann immer jemand wie Floyd MacFarlane auf ihn, ein widerwärtiger Rassist aus San José in Kalifornien, der auf den Bahnen und außerhalb, in den USA und sogar in Australien alles tat, um Major Taylor das Leben schwer zu machen. Der Superstar fuhr alle Rennen, die er fahren konnte, und bereits 1902 sprach er von Rücktritt. Doch erst im Juni 1904, nach einer erneuten Weltreise, wurde die Erschöpfung zu groß. Seit dem 11. Mai war er zudem Vater – Rita Sydney hieß seine Tochter, und den zweiten Vornamen hatte sie von der Stadt, in der sie zur Welt kam. Zum ersten Mal seit acht Jahren gönnte sich Major Taylor einen Sommerurlaub. Er war erst 25 Jahre alt, aber ausgebrannt. In den folgenden beiden Jahren 1905 und 1906 machte er Pause. Er fuhr mit seinem Auto herum, was wenige sich damals leisten konnten und widmete sich der Familie. Er hatte alles erreicht und noch mehr, als er sich je erträumt hatte.



„Die Auferstehung des Negers!“ titelte L’Auto am 7. März 1907. (DSCN 1280) Der berühmte Radrennfahrer Major Taylor würde in dieser Saison Peugeot-Räder bewegen, und die Reifen sollten von Dunlop kommen. Major und Daisy trafen in Le Havre ein, und sie teilte der Presse mit, sie habe ihren Mann zum Comeback überredet: „Ich glaube nicht, dass es gut für einen Mann seines Alters ist, müßig zu sein. Er ist zu jung, um sich schon zu verabschieden.“ Erst im Juli hatte er sich wieder in Form gefahren, und am 8. August 1907 durfte sogar sein alter Mentor Birdie Munger miterleben, wie der Major den frischgebackenen Weltmeister Friol in zwei hart umkämpften Rennen schlug. Der fliegende Neger hatte seine Flügel wiedergefunden. Auch die Saison 1908 war höchst erfolgreich, auch wenn er in Bordeaux den schlimmsten Sturz seiner Karriere tat, wobei seine ganze linke Seite aufgeschürft wurde. Sonst hatte Major Taylor immer Glück gehabt, denn Bahnradfahren war ein hitziger Sport, und es gab nicht wenige Todesfälle.

Wieder in Form! Major Taylor 1907 bei seinem Comeback


Ende der Karriere

1909 war der Sprinter erneut in Europa, ohne seine Familie, und seine Briefe nach Hause zeugten vom Kampf gegen einen Körper, der nicht mehr alles mitmachte und gegen die Einsamkeit. Major Taylor schrieb sogar Gedichte, was er sorgsam geheimhielt, und ein schöner Vers lautet so: „We rode to win in every race / Fairly we played in every case / If life grows dull and things break bad / Just think of the wonderful days we had.” Am 10. Oktober 1909, kurz vor der Rückkehr in die Staaten, gab der Champion in der Endphase noch einmal einen Beweis seines Könnens. Er besiegte den französischen Meister Victor Dupré in dessen Heimatstadt Roanne bei Lyon. Die Organisatoren beschenkten ihn mit einer Brosche für seine Tochter Sydney, und die Alcyon-Werke teilten mit, Taylor habe ihr Produkt gefahren. Doch Major Taylor hatte ausgiebig den bitteren Geschmack der Niederlage kennengelernt. Ein Freund hatte ihm einmal geraten, rechtzeitig abzutreten – bevor er sich lächerlich machen würde. Es war knapp. Taylor erklärte 1910 seinen Rücktritt.

 

Er war nunmehr Ex-Champion und Ex-Superstar, jedoch war es damals, in den Jahren nach 1912, unmöglich, daraus Kapital zu schlagen. Heute würde ein derart erfolgreicher Mann Werbung machen oder ins Fernsehen gehen. Major Taylor war wohlhabend – er besaß ein Haus, ein Auto sowie diverse Liegenschaften. Aber er konnte nicht untätig sein und versuchte sich in diversen Unternehmungen. Er erfand einen Autoreifen, der aber nicht gebaut wurde; er wurde übers Ohr gehauen und butterte hier und dort Geld in Projekte, die scheiterten. Obendrein lebte er auf großem Fuß – wie Michael Jackson, der „Millionär, der wie ein Milliardär lebte“ –, und seine Ersparnisse flossen dahin.

 

1917 wird er als „Verkäufer“ registriert, von 1922 bis 1924 firmiert er als Teilhaber einer Reifenfirma in Worcester. Politik interessierte ihn nicht so sehr, obgleich er alle seine Siege als „Schwarz über Weiß“ einstufte. Da der Major konservativ und sehr gläubig war, konnte er auch mit dem progressiven W. E. B. DuBois nichts anfangen, der vehement für die Emanzipation der Schwarzen eintrat. Langsam wurde Major Taylor verdrossen und melancholisch. Er schämte sich für seine ländliche Herkunft, war von Hautfarben und Schattierungen besessen – sich selbst hielt er für zu schwarz –, und zu seiner Tochter hatte er ein gespaltenes Verhältnis. Er, der ehemalige Superstar, verbot ihr sogar, Sport zu studieren, damit sie Sportlehrerin werden konnte!



Trauriges Ende in Chicago

Major Taylor fing 1923 an, seine Autobiographie zu schreiben, obwohl er allmählich nicht mehr für den Lebensunterhalt seiner Familie sorgen konnte. 1926 war er nur noch Automechaniker. Immer mehr Schmuckstücke musste er verpfänden, das Haus in Worcester wurde 1925 verkauft, sie gingen in Miete, und Daisy verdiente als Schneiderin Geld hinzu. Dann wurde der Major, nun fast 50 Jahre alt, auch noch schwer krank, und die Behandlung verschlang viel Geld. 1926 sammelten ein paar gute Freunde für die notleidende Familie öffentlich Geld, 1200 Dollar.

Links der junge Major, 1908 auf dem Buffalo-Velodrom in Paris; rechts eines der letzten Fotos, 1926 aufgenommen, als er 48 Jahre alt war.


Kurz bevor Taylors Autobiographie „The Fastest Bicycle Rider in the World“ veröffentlicht wurde, starb 1929 sein alter Freund Birdie Munger. Ein schwerer Schlag. Ein noch schwererer Schlag war der Bruch mit Daisy. Taylors Frau sagte ihm Lebewohl und ging nach New York. Sie trafen sich nie mehr; die Trennung war endgültig. Major Taylor packte seine Bücher in ein Auto und verließ nach 35 Jahren Worcester. Er fuhr nach Chicago und wählte damit die Stadt mit der strengsten Rassen-Segregation zu seinem Wohnsitz. Der kranke Mann war einer von vielen tausenden, die versuchten, in den Zeiten der Depression zu überleben. Er war schon immer diszipliniert und hartnäckig gewesen, und es hatte sie ja gegeben, die Vergangenheit! 3 Dollar 50 verlangte er für seine Autobiografie, überall bot er sie an und hielt sich damit über Wasser.

 

Im März 1932 verschlechterte sich plötzlich seine Gesundheit. Ein weißer Wohltäter sorgte noch für einen guten Chirurgen, doch die Herzoperation bewirkte nichts mehr. Am 21. Juni 1932, einem Dienstag um 2.30 morgens endete das Leben des Major Taylor. Obwohl sogar der „Chicago Defender“, die Zeitung der Schwarzen, seinen Tod bekanntgegeben hatte, beanspruchte niemand den Leichnam. Nach sieben Tagen wurden seine Überreste in einem Armengrab ders Mount Glenwood Cemetery beigesetzt, in einem einfachen hölzernen Sarg. Niemand hat ihn begleitet.

 

16 Jahre später erst erinnerten sich Ex-Radprofis an den Champion, und Frank Schwinn, Besitzer der gleichnamigen Fahrradfabrik, bezahlte die Exhumierung. 100 Menschen waren anwesend, als Major Taylors sterbliche Überreste in einer „besseren“ Ecke des Friedhofs Platz fanden. Daisy und Sydney nahmen nicht teil, dafür wurde eine Bronzeplakette zu seinem Andenken angebracht. Auf ihr steht: „Weltmeisterlicher Fahrradfahrer, der von unten kam ohne Hass in seinem Herzen, ein ehrlicher, mutiger, Gott fürchtender, sauber lebender Gentleman-Athlet. Ein Tribut an seine Rennen, bei denen er immer sein Bestes gab. Verschwunden, doch nicht vergessen.“




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