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der EPO-NACHWEIS

 

 

Bis zum Jahr 2000 war es nicht möglich, EPO direkt nachzuweisen, lediglich ein zu hoher Hämatokrit oder Hämoglobinwert ließ Mißbrauch vermuten und setzte die Sportler dem Dopingverdacht aus.

Struempfi beschreibt, wie der Nachweis gelingt.

Von einem Chemiker für interessierte Nichtnaturwissenschaftler

 

Erythropoietin (EPO)

EPO ist ein Peptidhormon. Peptide (Eiweiße) sind Verbindungen, die aus Aminosäuren aufgebaut werden.

 

Natürliche Peptide werden alle aus den 21 verschiedenen natürlich vorkommenden Aminosäuren aufgebaut, die durch eine typische Verknüpfung, die Amid- oder Peptidbindung verbrückt werden. Die Aminosäuren werden dabei linear aneinandergehängt. Je nach Reihenfolge und Zahl der Aminosäuren in den Peptidsträngen bildet sich dann eine typische dreidimensionale Struktur des Peptids aus, die dann im Körper als Enzym, Hormon oder sonstiges eine ganz bestimmte Aufgabe erfüllt.

 

Hormone sind Botenstoffe im Körper. Sie übertragen ,Informationen' ähnlich wie die Nervenstränge, allerdings nicht so schnell, da sie zumeist über die Blutbahn transportiert werden.

 

EPO ist ein Hormon, das die Produktion von roten Blutkörperchen erhöht, die für den Sauerstofftransport im Körper zuständig sind. Der Mensch bildet selbst dieses Hormon, wenn er sich auf besondere Gegebenheiten einstellen muss, zum Beispiel sich länger in großer Höhe aufhält.

 

Wieso wird EPO hergestellt?

Epo kann bei bestimmten Krankheitsbildern sehr nützlich sein, sobald ein Mangel an roten Blutkörperchen, eine Anämie auftritt, z. B bei chronischen Nierenerkrankungen und Krebs.

 

Der Hämatokritwert, ein indirekter Hinweis auf EPO

Epo erhöht die Konzentration der roten Blutkörperchen im Blut, dass heißt der Anteil an festen Bestandteilchen (rote und weiße Blutkörperchen, Blutblättchen) wird größer. Der Hämatokritwert bestimmt gerade diesen Anteil der festen Bestandteile. Ein zu großer Anteil lässt das Blut ‚Verschlammen’ und kann zu ,Verstopfungen von Adern' (Infarkte und Hirnschläge) oder zu Bildung von festen Klumpen, die sich dann ablösen (Thrombosen), führen. Ein hoher Hämatokritwert ist kein Dopingbeweis, da auch bei Gesunden ein solcher auftreten kann. Sportler müssen aber bei Überschreiten eines bestimmten Grenzwertes (außer er ist erblich bedingt) eine sportliche Pause von zwei Wochen einlegen.

 

Um EPO-Missbrauch nachweisen zu können, wurden bis zum Jahre 2000 zwei Methoden entwickelt:

Die indirekte und die direkte Nachweismethode Für den gesicherten Doping-Beweis mussten anfangs beide Verfahren angewandt werden, so geschehen bei den Olympischen Spielen in Sydney und Salt Lake City. Den meisten Verbänden, auch der UCI und dem IOC, genügte danach wieder der direkte Nachweis. Doch ab 2004 übernahmen immer mehr Verbände den Bluttest. Zur Absicherung aber auch zum gezielten 'intelligenten' Testen werden mittlerweile wieder beide Verfahren zusammen oder alternativ eingesetzt, denn das australische kann wesentlich länger EPO nachweisen. Es ist hervorragend zum Screening für den Blutpass bzw. Biologischen Pass geeignet, eine Verfahrensweise, die zunehmend zum Einsatz kommt und langfristig die herkömmlichen Dopingtests ersetzen soll.

 

1) Indirekte Nachweismethode, der Bluttest (Australische Methode):

Der indirekte Nachweis besteht darin das Verhältnis einiger Blutparameter zueinander (der Hämatokrit ist einer davon), das sich nach EPO-Anwendung verändert, festzustellen. Durch wiederholte Tests lässt sich damit ein individuelles Blutprofil des Sportlers erstellen. Veränderungen können auf Manipulationen hinweisen.

Die Entwickler unterscheiden in

- ON-Model Blood-Test: damit kann EPO und Aranesp während der Zeit der Einnahme nachgewiesen werden

- OFF-Model Blood-Test: damit zeigt sich EPO-Missbrauch noch Wochen nach der Einnahme

- CHANGE-Model Blood-Test: der Test schließt das Nichtnachweis-Fenster von 5 Tagen zwischen OFF-Model und ON-Model

Ausführliche Informationen zu Entwicklung und Werdegang des Einsatzes beschreibt einer der Testentwickler Robin Parisotto in seinem Buch BLOOD SPORTS, 2006

 

2) Direkte Nachweismethode, der Urintest (Französische Methode):

Es musste nun eine Methode gefunden werden, mittels der das von außen zugeführte EPO vom körpereigenen unterschieden werden kann. Dazu sind einige Informationen zum Aufbau von EPO nötig.

 

Aufbau von EPO:

Epo ist ein Peptid, das aus 165 Aminsäuren aufgebaut wird. Das ist jedoch nicht alles. An drei bestimmten Stellen hängen Seitenketten, die aus verschiedenen Zucker (Monosaccharide) aufgebaut sind. Alle Säugetiere bilden EPO, um den Bluthaushalt zu regulieren. Die Aminosäurekette bei allen Säugern ist exakt gleich, so dass man auf Grund dieser Aminosäurenkette nicht nachweisen kann, ob das EPO vom Mensch oder vom Hasen stammt.

Allerdings sind die Zuckerseitenketten je nach Säuger unterschiedlich. Dass ist der Punkt, an dem angepackt wird. Zurzeit besteht die Hauptquelle für EPO aus gentechnisch veränderten Ovarienzellen chinesischer Hamster, deren Zuckerseitenketten sich signifikant von dem des Menschen unterscheiden.

 

Nachweismethode:

Es gibt Nachweisenmethoden mit denen das humane EPO vom tierischen EPO getrennt werden kann. Diese Methode wird als Variante der Elektrophorese gezeichnet. Dabei wird ausgenutzt, dass die unterschiedlichen EPO an unterschiedlichen räumlichen Stellen Ladungen sitzen haben. Bei bestimmten pH-Werten und anlegen unterschiedlicher Spannungen können so die verschiedenen EPOs getrennt werden.

 

Eine genauere und wissenschaftlichere Beschreibung findet sich hier:

dopinginfo.de

 

Sehr Ausführliches zu EPO auf WIKIPEDIA

 

Beiitrag von Struempfi

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Probleme mit den EPO-Varianten

Auch Aranesp (Darbepoetin α) kann mit dem EPO-Test nachgewiesen werden. 2002 während der Olympischen Spiele in Salt Lake City gelang dies bei Johann Mühlegg. Diese Testmöglichkeit wurde bis dahin geheim gehalten, sodass sich Sportler auf der sicheren Seite wähnten. Ähnliches gelang mit Mircera (oder nur CERA). Der Urin-Test kam während der Tour de France 2008 zum ersten Mal zum Einsatz und schnell gingen Fahrer ins Netz. Fast zeitgleich gelang in den Laboratorien Lausanne und Paris zwei Bluttests, jeweils unterschiedlich, validieren zu lassen. Sie erlauben einen feineren Nachweis. Die AFLD (Franz. Antidoping-Agendtur) ließ daraufhin die auffälligen Proben von 12 - 14 Fahrern nachtesten, und wieder wurden einige überführt.

 

Dies scheint aber nur die Spitze des Eisbergs zu sein. Dr. Rasmus Damsgaard beklagt die unflexiblen Vorschriften der WADA, wonach für Experten eindeutig positive Tests als negativ erklärt werden müssten, wenn die zugrundeliegende EPO-Variante nicht bekannt sei. Diese zu erkennen bzw. zu bestimmen, sei aber immer schwieriger, da weltweit unzählige Variationen hergestellt würden.

 

>>> BBC, 21.7.2008: Legalities 'lag behind doping work'

 

Im März 2009 erließ die WADA neue Richtlinien bezüglich der EPO-Analytik, die verfeinerte EPO-Testmethoden zulassen:

 

>>>WADA: HARMONIZATION OF THE METHOD FOR THE IDENTIFICATION OF RECOMBINANT ERYTHROPOIETINS (i.e. EPOETINS) AND ANALOGUES (e.g. DARBEPOETIN AND METHOXYPOLYETHYLENE GLYCOL-EPOETIN BETA).

 

Horst Pagel, EPO-Experte, Lübeck, sagt hierzu, Juli 2009, dass sich damit im Prinzip nichts geändert habe. Die Verfeinerung bezieht sich auf "die direkte EPO-Analytik mittels IEF und Immuno-Blotting beschrieben; dies ist die so genannte "Französische Methode", weil sie maßgeblich von Francoise Lasne aus Frankreich entwickelt worden ist." Damit können zwar die Epo-Varianten nachgewiesen werden, doch "direkte EPO-Nachweise sind de facto schon seit geraumer Zeit nicht mehr möglich. Es sind inzwischen geschätzte 140 verschiedene Epo-Präparate weltweit im Umlauf;­ sie stammen auch aus Ländern wie China, Indien, Vietnam, Kuba, Argentinien oder den baltischen Staaten. Sie haben allesamt keine Zulassung für Europa und können aber leicht über das Interent bezogen werden. Sportler, die diese so genannten EPO-Biosimilars clever mischen, können praktisch nicht überführt werden." "Denn jedes EPO ist im Detail anders. Wir können natürlich jede Epo-Variante prinzipiell nachweisen (wenn uns denn entsprechendes Referenz-Material zur Verfügung steht)." Aber das ist schwierig bei den vielen weltweit vorhandenen Medikamenten. "Um die Sache gerichtsfest zu machen, müsste also bei jedem einzelnen Athleten auf jedes einzelne Epo-Präparat getestet werden."

 

Mario Thevis, Kölner Analytiker, erklärte 2013, dass sie nun über 100 Varianten nachweisen könnten. "Insgesamt sind die Verfahren weiter verbessert worden. Wir können jetzt auch kleinere Epo-Mengen noch besser nachweisen. Es kommt aber immer wieder auch auf den Zeitpunkt der Kontrolle an. Wenn der gut gewählt ist, haben wir deutlich mehr Chancen, in den Urinproben fündig zu werden." (nd, 27.6.2013)



Zur Problematik der wissenschaftlichen Interpretationen und Vergleichbarkeit, speziell auch in Bezug auf Doping und die damit verbundenen wissenschaftlichen Nachweismethoden siehe
Prof. Dr. Christoph Asmuth:
Von Epo zu Kant und zurück: Translating Doping – Doping übersetzen und die Philosophie

Zusätzliche Untersuchungen bei "komischen Bandenmustern" mit der SDS-Page-Methodik, die laut WADA-Dokument Punkt 3.2.5. möglich sind und den Gebrauch von rekombinanten Erythropoietine ohne genaue Kenntnis der Variante nachweisen können, hält Pagel noch nicht für ausgereift (Stand Juli 2009). Auch die überarbeitete Version des WADA-Dokuments vom September 2009 (WADA Technical Document – TD2009EPO) löst seiner Meinung nach das Problem nicht befriedigend. (s. a. Kontroverse Lundby

et al., J Appl Physiol 105, 417-419, 2008, Stellungnahme Kölner Dopinglabor).

"Mit anderen Worten: Jeder positive EPO-Nachweis ist immer ein Zufallsbefund! Die ganze "Show" dient einzig und allein der Beruhigung des Publikums."

"Hinzu kommt die Problematik, dass die Firmen bei der Zur-Verfügung-Stellung von Referenzmaterial mauern, und zwar alle, ausnahmslos." Jüngstes Beispiel ist Hematide der Firma Affymax.

Hematide sollte 2010 auf den Markt kommen, doch waren damals bereits Sportler nach CERA umgestiegen.

"Bei der Tour de France 2008 wurden vier Radfahrer mit der Anwendung von Cera (Mircera®) überführt. Hierbei wurde die IEF-Methode nach F.Lasne angewendet. Bei einem Radfahrer wurde CERA im Urin nachgewiesen, während drei weitere Sportler erst einige Monate nach der Tour durch einen verbesserten CERA-Nachweis im Blut des Dopings überführt wurden. Es wird davon ausgegangen, dass die betroffenen Radfahrer davon überzeugt waren, dass dieses neue EPO-Präparat nicht nachweisbar sei.

Systematische Nachuntersuchungen von langzeit gelagerten Blutproben der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking, die im Frühjahr 2009 vorgenommen wurden, ergaben 5 weitere positive Befunde für einen CERA-Missbrauch." (doping-info.de)



Dynepo (Epoetin delta)

Dynepo wird durch Genaktivierung aus transformierten, humanen Zellen, somit von menschlichen Zellen, produziert. Im März 2007 wurde es in Deutschland zugelassen. Doch bereits im Jahr 2002 gab es erste Gerüchte, dass das Medikament unter Sportlern kursierte (TAZ, 21.9.2002). Bemühungen von Laboratorien und der WADA, Proben zur Entwicklung entsprechender Nachweistests zu bekommen, wurden abgelehnt, auch über Sportler gelang es nicht. "Bleibt die Frage nach der mysteriösen, nicht nachweisbaren Droge. Seit Jahren kursiert das Gerücht, dass die Substanz Dynepo, die wegen Rechtsstreitigkeiten noch nicht auf den Markt gelangt ist, im Sport Verwendung finde. Kein Labor hat sie je analysiert. «Wir haben alles versucht, um an eine Probe zu gelangen», sagt Wada-Direktor Rabin. «Jedes Mal, wenn uns ein Spitzel aus dem Radsport eine Ampulle aus geheimer Lieferung zusteckte, war es ganz normales EPO.»" (NZZ, 9.5.2004).

 

Im Oktober 2007 wurde Michael Rasmussen als erster Sportler namentlich des Dynepodopings bezichtigt. Ein Test des Pariser Labors Châtenay-Malabry hatte ihn überführt. Nur hatte die WADA das Verfahren nicht validiert. So konnte der Fahrer aufgrund dessen nicht sanktioniert werden. Die Französische Antidopingagentur AFLD spricht von weiteren (9) positiven Fällen, deren Namen aber nicht bekannt gegeben wurden. Von Seiten verschiedener Laboratorien gab es daraufhin heftige Kritik an der Haltung der WADA, doch eine Anerkennung gab es auch danach nicht. (Libération, 27.10.2007, l'Équipe, 27.10.2007)

 

Anfang 2008 stellte das Kölner Antidoping-Labor einen validen Dynepo-Test vor (Int J Sports Med 29, 1-6, 2008). Erneut dasselbe Spiel, die WADA reagiert nicht. Prof. Horst Pagel, Lübeck: "Der Punkt ist, dass der Dynepo-Test etwas anders verlaufen muss als bei anderen Epo-Arten (hier: SDS-PAGE, sonst: IEF). Dynepo wird als einzige Epo-Art von menschlichen Zellen produziert (Fibrosarkom-Zellen HT-1080); daher ist das Glykosilierungsmuster von Dynepo dem endogenen Epo so ähnlich, dass es in der IEF (isoelectric focussing) nicht erkannt werden kann. Da Dynepo Ende des Jahres vom Markt genommen wird, wird es auch keinen Test mehr geben." Es wurden jedoch noch Tests durchgeführt, die auch positive Funde brachten. Es war auch nach Einstellung der Produktion einiges Material im Umlauf, aufgekauftes und gelagertes Dynepo konnte noch längere Zeit angewandt werden. Laut Stefan Matschiner und Walter Mayer war Dynepo ein weit verbreitetes Mittel.

 

Im März 2008 wurde bei Lisa Hütthaler, österreichische Triathletin, mittels einer Trainingskontrolle Dynepo nachgewiesen. Am 1.7.2009 wurde bekannt, dass Blutproben aus dem Jahr 2007 des niederländische Radprofi Thomas Dekkers nachgetestet wurden und Dynepo nachgewiesen wurde. Diese Nachuntersuchung war die Folge von Auffälligkeiten seines Blutprofiles.


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